Der Berg ruft - und jeder Münchner hat es gehört

Von welchem Berg reden wir hier? Vom Schliersberg oder auch Rhonberg genannt, ein Berg in den bayerischen Voralpen in der Gemeinde Schliersee, 1265 m ü NHN.

Wann hat er gerufen? AM 27. Oktober 2019.

Warum hat er gerufen? Noch einmal traumhaftes Herbst- und Bergwetter mit 23° C und Sonne pur.

Wer hat den Ruf des Berges gehört? Alles was im Umkreis von ca. 50 km laufen und kreuchen konnte. Und das waren definitiv zu viele, dazu kamen noch die Fußlahmen, die den Anstieg lieber mit der Seilbahn bewältigt hatten. Da unter uns inzwischen viele Bürger mit Umweltbewusstsein leben, haben sich wohl die meisten dazu entschieden in München in die BOB zu steigen und nach Schliersee zu fahren. So weit, so gut. Auch mein Freund und ich haben dieses Verkehrsmittel gewählt, zum einen war ein Stau auf der Autobahn zu befürchten und zum anderen war es nicht sicher, dass wir einen Parkplatz finden können. Ganz abgesehen davon ist es auch bequem mit dem Zug zu fahren. Normalerweise! Aber an dem Tag war die Hölle los, mir fiel schon die Kinnlade herunter, als ich die vielen Menschen am Bahnsteig sah. Es herrschte außerdem allgemeine Verwirrung, da die Bahnhofsuhren nicht alle die Zeitumstellung in der Nacht davor mitbekommen hatten. Es gab einen Synchronisationsfehler bei der Software. Wie lange gibt es jetzt schon die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit? Ich kann mich kaum noch erinnern, aber die Fehler passieren immer wieder. Als der Zug einfuhr, mussten wir schauen, welche Wagons nach Schliersee fahren. Dummerweise war unser Abteil, ganz am Ende des Zuges. Die anderen vorderen Wagons waren für ein anderes Ziel eingesetzt. Also sind wir sehr flott am Bahnsteig nach hinten gelaufen, und wir konnten gut laufen und bekamen deshalb auch jeder einen Sitzplatz, während viele andere Fahrgäste die ganze Fahrt, d.h. eine ganze Stunde, stehen mussten.

Ca. 12 Uhr kamen wir in Schliersee Bahnhof an, und der Aufstieg zum Gipfel begann. Es war ein kollektives Laufen, die einen schneller, die anderen langsamer und manche sehr langsam. Wir gehörten zur schnelleren Truppe, wir liefen den Weg von normal einer Stunde in 45 Minuten. So konnten wir oben auf der Alm die Sonne eine viertel Stunde eher genießen.

Blick auf die Schliersberg Alm

Der Ausblick war phänomenal, klarer blauer Himmel, pralle Sonne und weite Sicht. Mei is des schee, wie es hier in Bayern heißt.
Blick auf die Insel im Schliersee

Ausblick ins Gebirge

Irgendwann meldeten sich unsere Mägen - Essenszeit! Auwei, diese Schlange bei der Essenausgabe, aber es war nicht abzusehen, dass die Schlange kürzer wird. Zwei Sitzplätze hatten wir erstaunlicherweise schnell gefunden. An einer Tafel waren die verfügbaren Gerichte angepriesen und es war schnell klar, dass es die Linsensuppe sein soll. Ich liebe Linsensuppe und hatte auch eine bestimmte Geschmackserwartung. Ich habe mich dann mutig in der Schlange eingereiht und bin geduldig schrittweise vorgerückt. Immer noch nichts in Sicht, aber nach einer gefühlten halben Stunde rief jemand meinen Namen. Oh ja mein Freund fragte, ob er mich mal ablösen soll. Prima Idee und ganz lieb von ihm. Es gibt halt auch noch Männer, die mitdenken können. Das Angebot habe ich gern angenommen und mich der Aufgabe der Platz-Freihaltung gewidmet. Die Aufgabe war wesentlich bequemer. Nach einer weiteren gefühlten halben Stunde kam mein Freund mit den beiden Linsensuppen, nett serviert in zwei blauen Emailletöpfchen. So ein Töpfchen hatte meine Mutter früher für das Hundefutter, das sie darin immer für ihren kleinen Hund, der etwa die Größe einer großen Ratte hatte, zubereitet hat. Die Linsensuppe sah sehr dünn aus, es waren ja auch die letzten zwei Portionen, da muss man nehmen was übrig bleibt. Das war auch nicht weiter schlimm, schlimmer war, dass dem Koch anscheinend die Essigflasche ausgerutscht war. Die Suppe war viel zu sauer und für meinen Geschmack gehört da überhaupt kein Essig dran, aber in Bayern ist das so üblich, leider. Naja, der Hunger treibt's rein. Nach dem Essen haben wir uns noch etwas auf der Bank gesonnt und wollten danach eigentlich mit der Seilbahn den Rückweg antreten, weil das besser für die Gelenke ist und auch durch den Split auf dem Weg eine erhöhte Rutschgefahr bestand. In Anbetracht der Schlange an der Seilbahn entschlossen wir uns dann doch für den Fußweg, den wir auch problemlos gemeistert haben.

Unten am See gab es ein nettes Café und sage und schreibe auch noch zwei Sitzplätze. Manchmal hat man einfach Glück. Die meisten Kuchen waren schon aus, aber zum Glück gab es noch genug von einem meiner Lieblingskuchen, Linzer Torte. Die war echt lecker und der Kaffee dazu war auch gut, allerdings war die Haferlgröße inzwischen auf normale Tassengröße geschrumpft bei gleichgebliebenem Preis. Aber als Großstädter aus München schaut man da schon mal drüber hinweg, man gönnt sich ja sonst nichts.

 Café am See (Urheberrecht: F. Jung)

So langsam ging die Sonne hinter dem See unter und die Luft wurde kühler und feuchter und damit kam auch die Zeit zur Rückfahrt. Eine kleine Runde am See entlang führte uns zum Bahnhof. Oh mein Gott standen da viele Menschen, da musste man aufpassen, dass man nicht ins Gleis fällt, wenn einer nebendran sich bewegt. Nach einer Viertelstunde kam endlich der Zug und der war schon voll. Es stieg zu allem Unglück auch keiner aus, ja was nun. Einige quetschten sich noch hinein. Oh, wie schön, da hat die Bahn noch einen zweiten Zug spendiert. Schnell hinein, mein Freund versuchte in einem der ersten Wagons einzusteigen und rief mir zu, ich solle weiter hintergehen. Das war auch gut so, denn dort fand ich einen bequemen Stehplatz mit genügend Raum um mich herum. So das war mal geschafft. Wir haben uns ab da nur noch per WhatsApp verständigen können, aber das geht auch zur Not. Wir leben schließlich im digitalen Zeitalter.

Nach mir stiegen noch ein paar Mütter mit ihren Babies ein, so dass sich im Türbereich 5 Kinderwagen und ein Kinder-Fahrradanhänger verkeilt hatten. Zum Glück musste bis München keiner aussteigen, im Gegenteil, es wollten noch Leute zusteigen. Die Luft im Wagon war zum Schneiden. Gibt es hier denn keine Lüftung? Schlimmer kann die Fahrt in der 3. Klasse eines  chinesischen Zugs auch nicht sein, wo die Menschen mit ihren Hühnerkörben dicht gedrängt im Wagon sitzen. Da ich ein positiv denkender Mensch bin, sind für mich solche Gelegenheiten gut zum Beobachten von anderen Leuten, und da habe ich auch etwas Ungewöhnliches entdeckt. Zwischen den verkeilten Kinderwagen im Türbereich stand ein Mann, der in einem richtigen Buch gelesen hat und nebenbei auch noch sein Smartphone betätigt hat. Vielleicht musste er auch mit seiner Freundin im anderen Wagon kommunizieren. Nun sag einer, Männer sind nicht multitaskfähig. Das war der Gegenbeweis, und dann hatte er auch noch ein richtiges Buch aus Papier und Pappendeckel, Wahnsinn.

Schlussendlich bin ich gut in München angekommen und habe die anschließende S-Bahnfahrt bis nach Hause genossen, gute Luft plus Sitzplatz und dann noch pünktlich angekommen. Was will man mehr.

Ach ist das schön, duschen und dann gemütlich mit einem Glas Rotwein vor der Glotze sitzen mit einem Strickzeug in den Händen.



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