Zum Abitreffen mit der Deutschen Bahn
Vor ein paar Tagen reiste ich von München nach Lüneburg, um an unserem 55-jährigen Abitreffen teilzunehmen. Sind das wirklich schon 55 Jahre her? Ja, das stimmt tatsächlich, da waren wir uns alle einig. Auch damit, dass wir uns alle noch viel jünger fühlen.
Die An- und Abfahrt war ein wenig stressig, genau
gesagt sehr stressig. Auf der Hinreise gab es erst Chaos am Münchener
Hauptbahnhof, weswegen ich mich kurz entschlossen auf einen Flieger gestürzt
hatte. Leider bekam ich nur noch einen bezahlbaren Flug von München nach
Hamburg mit Zwischenlandung und zwei Stunden Aufenthalt in Düsseldorf.
Während des Fluges erreichte mich die schaurige
Nachricht, dass auch auf dem Hamburger Hauptbahnhof Chaos herrsche. Dort
brannte es in den Kabelschächten aufgrund von Vandalismus. Ich freute mich
schon auf die Landung in Fuhlsbüttel. Ob ich wohl den Regio nach Lüneburg bekommen
würde? Auf der DB Navigator App war zu sehen, dass jeder zweite Regio wegen
Personalmangels ausfiel. Es war also dringend nötig, den einen Zug zu bekommen,
der knapp nach der Landung abfahren würde.
Zum Glück landete der Flieger fünf Minuten eher.
Der Regio, der mich nach Lüneburg bringen sollte, fuhr fünfzehn Minuten später
als geplant. Zugverspätungen können also auch mal nützlich sein. Trotz Chaos am
Hamburger Hauptbahnhof erreichte ich den ausgewählten Zug. Er kam sogar
pünktlich in Lüneburg an. Mein Cousin stand schon dort, um mich in seinem Auto
zum Hotel zu bringen. Anschließend war ich bei ihm und seiner Frau zu einem köstlichen Abendessen, eingeladen. Herrlich das dunkle Brot, das es in meiner Heimatstadt
gibt, und das ich in Bayern oft vermisse.
***
Der nächste Tag war sehr entspannt. Nach einem perfekten Frühstück im Hotel
fuhr ich mit einem der ersten Busse in die Innenstadt von Lüneburg. Dort ging
ich als Tourist getarnt mit meinem Smartphone durch die Stadt, um die
Sehenswürdigkeiten abzulichten. Ein unbedingtes Muss war später die
Schokoladenmanufaktur. Dort kaufte ich ein, nachdem ich die Fotosession beendet
hatte. Ich wollte besondere Schokoladenspezialitäten mit nach Hause bringen.
Johanniskirche mit dem schiefen Turm |
Industrie- und Handelskammer |
Historisches Rathaus - Marktplatz |
Innenhof - Fachwerk - Kopfsteinpflaster |
Um elf Uhr war ich mit einer ehemaligen Nachbarin
verabredet. Wir trafen uns in dem Café, in dem das Klassentreffen zwei Stunden
später stattfinden sollte. Ich erfuhr Neues aus der Nachbarschaft, wer noch
dort wohnt und wer nicht und, wer neu dazugekommen war.
Zwei Stunden später trudelten die ersten
Ehemaligen ein. Wir hatten uns diesmal, nach fünf Jahren, alle sofort
wiedererkannt. Beim vorletzten Treffen war das weitaus schwieriger, da lagen
fünfundzwanzig Jahre zwischen den Treffen.
Unsere Organisatoren hatten eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Hier nochmals einen lieben Dank an das Veranstaltungsteam. Wir starteten mit frischen Getränken und einer leckeren Zucchini Quiche. Als wir uns alle gestärkt hatten, holte uns eine Gästebetreuerin zu einem interessanten Stadtrundgang ab. Wir lernten die Sehenswürdigkeiten von Lüneburg kennen, die selbst Einheimische meistens nicht kennen. Die Höhepunkte der Führung waren der Wasserturm und das Brauereimuseum.
Wasserturm |
Geschirr der Brauereipferde - handgearbeitet |
Sudkessel |
Unsere alte Schülerkneipe mussten wir natürlich ebenfalls besichtigen. Diese war eigentlich nicht wirklich wiedererkennbar. Die Hitze, es waren circa dreißig Grad und maximale Sonneneinstrahlung, machte zwar ziemlich mürbe, aber wir wurden mit der „best Pizza in town“ belohnt. Ich wählte eine Margarita mit Schere.
Pizza Margarita mit Schere |
Am Abend im Hotel packte ich meine Sachen für die
Heimfahrt am nächsten Morgen. Nach der dringend benötigten Dusche fiel ich
sofort in einen Tiefschlaf.
***
Am Sonntag ging es wieder Richtung Heimat. Nachdem die Hinreise für mich ein
elf Stunden langer Reisetag gewesen war, dachte ich, schlimmer könne es nicht
kommen. Da hatte ich mich leider gründlich geirrt. Auf der Rückreise kam es
knüppeldicke.
Der Bus vor dem Hotel traf nicht pünktlich ein,
das war schon mal ein schlechter Start. Die Hotelwirtin bat freundlicherweise
ihren Ehemann, mich zum Bahnhof Lüneburg zu bringen. Mit dem Regio kam ich
pünktlich in Hannover an.
Nach über einer Stunde Wartezeit in Hannover traf
der ICE nach München ein. Als ich den Zug sah, schwand mein Vertrauen in dieses
Fahrzeug, das aussah, als wäre es aus dem letzten Jahrtausend. Ich stieg
trotzdem ein. Alles gut, Sitzplatz okay, schönes Wetter. Ich war glücklich, bis
die Durchsage kam, dass etwas nicht in Ordnung wäre mit diesem Monstrum. Auf
der DB Navigator App stand „Zug wird repariert“. Ein paar Minuten später kam
die Durchsage: „Die Kupplung wurde repariert, und wenn der Zug Nummer ‚xxx‘
durch ist, bekommen wir die Erlaubnis zur Weiterfahrt.“ Von wegen Weiterfahrt.
Nach weiteren Minuten der Warterei kam die Durchsage: „Der Zugführer hatte
Verständnisprobleme, der Fehler ist bislang nicht beseitigt. Haben sie bitte
noch Geduld.“ Super, wie viel Geduld benötige ich noch?
Dann war plötzlich alles geklärt mit der Ansage:
„Liebe Fahrgäste, der Zug ist defekt und kann nicht repariert werden. Die
Fahrgäste aus den hinteren Wagen, die nach München wollen, können auf dem Gleis
gegenüber mit dem ICE über Erfurt weiterfahren. Die Fahrgäste nach Kassel und
Fulda bitte in die vorderen Wagen einsteigen. Wir versuchen nun die Türen für
Sie zu öffnen.“ Das Wort ‚versuchen‘ hatte mich sehr irritiert. Nach weiteren
Minuten öffneten sich wundersamerweise die Türen. Ich nichts wie raus und
gegenüber auf den nächsten ICE gewartet.
Der fuhr kurz darauf in den Bahnhof ein.
Hoffentlich gibt es Sitzplätze, die Auslastung war als extrem hoch angekündigt.
Ich war ein richtiger Glückspilz. Als ich eine Sitzreihe mit zwei freien
Plätzen sah, stürzte ich mich sofort darauf. Ich bewegte mich nicht mehr vom
Platz, so wie die Klimakleber auf der Straße. Ich sah, dass die Plätze bis
Nürnberg reserviert waren, aber manch einer hat auch mal Glück. Es checkte
niemand auf den Plätzen ein. Ab da gehörte ich zu den Gewinnern. sodass ich bis
München die Fahrt ohne weitere Probleme genießen konnte.
***
Am Bahnhof München war eine brüllende Hitze, zudem ein äußerst hektisches
Treiben. In Bayern waren die Sommerferien zu Ende. Ich nahm die erste S-Bahn
zum Ostbahnhof, dort war es ein paar Grad kühler, welche Wohltat. Auf den Regio
nach Bad Endorf musste ich etwas warten, da der nur alle Stunde fährt.
Zum Glück
ist dort Endstation, und er stand schon ungefähr zwanzig Minuten vor der
Abfahrt auf dem Gleis. Ich stieg ein, fand einen freien Platz mit Tisch und
genoss die klimatisierte Luft im Zuginneren.
Nach circa zwölf Stunden Rückreise kam ich
endlich in Bad Endorf an. Mein Freund wartete schon mit unserem Hund im gut
gekühlten Tesla auf mich. Dann nur noch Dusche, frische Klamotten, etwas
zwischen die Zähne und einen Schoppen Wein. Die Welt war wieder in Ordnung. Das
nächste Klassentreffen besuche ich mit dem Flugzeug, das ist so sicher, wie das
Amen in der Kirche.
Gullideckel mit der Lüneburger Stadtmarke (Mons Pons Fons) |
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